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- 26 Juli 2021|
- Dr. Alfred Ponzer
StaRUG: Erste Anleihen verlängert
Die Bedingungen einer Anleihe können in einem StaRUG-Verfahren geändert werden. Das ersichtlich erste Verfahren dieser Art ist vom Verfasser dieses Beitrags begleitet und im Mai 2021 mit einem Vollzug des Restrukturierungsplanes in den Anleihebedingungen erfolgreich abgeschlossen worden. Die Laufzeit zweier Anleihen wurde um 5 Jahre verlängert.
Hintergrund
Seit dem 01.01.2021 gibt es mit dem neuen § 2 Abs. 2 StaRUG eine gesonderte gesetzliche Grundlage für eine Änderung der vertraglichen Regelungen bei mehrseitigen Rechtsverhältnissen. Hierzu gehören Anleihebedingungen ebenso wie Mezzanine Darlehen, Genussscheine oder sonstige Produkte am Kapitalmarkt, bei denen es einen größeren Kreis von Anlegern gibt.
Das StaRUG ermöglicht im Falle einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Emittentin, aufgrund einer förmlichen Mehrheitsentscheidung der Anleger die Vertragsbedingungen neu zu gestalten. Möglich sind unter anderem eine Herabsetzung der Zinsen, eine Verlängerung der Laufzeit der Anleihe, ein Schuldenschnitt, eine Nachrangklausel und ein sonstiger Wechsel in das Eigenkapital der Emittentin.
Der praktische Fall
Eine AG hatte zwei Anleihen begeben, die zum 30.6.2021 fällig gewesen wären. Es drohte Zahlungsunfähigkeit.
Die Bedingungen einer Anleihe sahen die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz (2009) vor, in den Bedingungen der zweiten Anleihe fehlte diese Möglichkeit. Mit dem Restrukturierungsplan nach dem StaRUG wurden deshalb die jeweiligen Anleihebedingungen bei beiden Anleihen neu gestaltet (§ 2 Abs. 2 StaRUG). Bei einer Anleihe wurde erstmalig die Möglichkeit eingefügt, eine Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschlüsse nach dem SchVG vornehmen zu können (§ 5 Abs. 1 SchVG). Bei beiden Anleihen wurden außerdem die Laufzeit um 5 Jahre verlängert und für diesen Zeitraum ein verminderter neuer Zins festgelegt.
Die sonstigen Gläubiger der Gesellschaft haben eine Erklärung abgegeben, wonach sie bei Zustandekommen des Plans mit einer Bedienung ihrer überschaubaren Forderungen nach verfügbarer Liquidität einverstanden sind.
Der Restrukturierungsplan ist einstimmig angenommen worden. Für die beiden Anleihen hat gemäß § 19 Abs. 6 SchVG der Gemeinsame Vertreter die Zustimmung erteilt, nachdem er zuvor den Kreis der Anleihegläubiger befragt und sich bei beiden Anleihen jeweils deutliche Mehrheiten für diese Zustimmung ausgesprochen haben.
Der Restrukturierungsplan ist nach seiner Annahme den Anleihebedingungen förmlich beigefügt worden (§ 2 Satz 3 SchVG). Damit gelten für die beiden Anleihen in den nächsten 5 Jahren die neuen Regelungen, und bei beiden Anleihen sind in Zukunft weitere kollektive Beschlussfassungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz möglich.
Praxistipps
Das Verfahren nach dem StaRUG eignet sich in besonderem Maße für die Sanierung gefährdeter Finanzanlagemodelle.
Die Vertragsbedingungen können nachgebessert und die gesamten Verträge grundlegend umgestaltet und neu gefasst werden, wenn dafür bei der Abstimmung die erforderlichen Mehrheiten erreicht werden (§§ 25 ff. StaRUG).
Der Gemeinsame Vertreter hat im StaRUG-Verfahren eine zentrale Stellung. Die Regelung, dass er seine Anleihe in einem Insolvenzverfahren vollumfänglich alleine vertritt (§ 19 Abs. 3 SchVG), gilt im StaRUG-Verfahren entsprechend (§ 19 Abs. 6 SchVG n.F.) Stimmt der Gemeinsame Vertreter einem Restrukturierungsplan zu, wird damit also in der Gruppe, die für seine Anleihe gebildet wurde, eine Zustimmung von 100 % und damit die qualifizierte Mehrheit von 75% nach § 25 Abs. 1 StaRUG erreicht.
Während Gläubigerversammlungen nach dem Schuldverschreibungsgesetz eine öffentliche Bekanntmachung der Einberufung im Bundesanzeiger erforderlich machen (§ 12 Abs. 2 SchVG) und die Einladung über die Wertpapiermitteilungen an die einzelnen Anleger geht, findet das StaRUG-Verfahren nicht-öffentlich statt. Die Information und Beteiligung der Anleihegläubiger muss dem Verfahren deshalb vorgeschaltet werden, weil im eigentlichen Verfahren selbst nur der Gemeinsame Vertreter alleine auftritt und abstimmt.
Dr. Alfred Ponzer
Rechtsanwalt
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