StaRUG - Beraterhaftung

StaRUG: ETERNA als Paradebeispiel

Der Passauer Modehersteller ETERNA hat sich über ein StaRUG-Verfahren saniert. Die Gläubiger einer Unternehmensanleihe erbringen mit einem Forderungsverzicht von 87,5% den wesentlichen Sanierungsbeitrag; sie erhalten noch eine Quote von 12,5%.

Hintergrund

Die ETERNA Mode Holding GmbH hatte im März 2017 eine Anleihe über 25 Mio. Euro emittiert. Die Laufzeit lag bei 5 Jahren, die Verzinsung bei 7,75%, zahlbar jeweils jährlich zum 03. März. Die Anleihe diente zur anteiligen Refinanzierung einer vorherigen 5-Jahres-Anleihe der Gesellschaft. Parallel gab es ein Schuldscheindarlehen über € 25 Mio. der Tochtergesellschaft ETERNA Mode GmbH, welches im März 2021 zur Rückzahlung fällig war.

Aufgrund der Corona-Pandemie kam es zu einem deutlichen Umsatzrückgang und in 2020 zu Sanierungsmaßnahmen bei Anleihe und Schuldscheindarlehen. Ende Oktober 2020 gab es ein Sanierungskonzept, wonach die Anleihe bis 2024 verlängert werden sollte, weil sie bei dem angenommenen Geschäftsverlauf zu dem angepassten Ende der Laufzeit in 2024 refinanzierungsfähig sei und durch einen Mix aus liquiden Mitteln und der Begebung neuen Fremdkapitals zurückgeführt werden könnte. Eine erste Gläubigerversammlung hierzu war nicht beschlussfähig. In der zweiten Gläubigerversammlung vom 17.12.2020 waren rund 1/3 der Anleihegläubiger (nominal zusammen € 8,393 Mio.) anwesend und haben mit 99,15% Ja-Stimmen dieser Verlängerung bis 2024 zugestimmt.

In 2021 war absehbar, dass die ETERNA Mode GmbH ihre Rückzahlungsverpflichtung aus den Schuldscheindarlehen zum 03.03.2021 nicht einhalten konnte. Die Schuldscheingläubiger waren bereit, auf eine förmliche Fälligstellung zu verzichten, wenn die Anleihegläubiger auf die im März fällige Zinszahlung ebenfalls verzichten würden.

Daraufhin wurden neue Gläubigerversammlungen auf den Weg gebracht. Nach der Einladung vom 09.06.2021 sollten die Anleihegläubiger einen Nürnberger Rechtsanwalt zum Gemeinsamen Vertreter bestellen und ihn ermächtigen, neue Regelungen hinsichtlich der Zinsen und der Rückzahlung der Anleihe mit der Gesellschaft zu treffen. Nachdem die entsprechende Abstimmung ohne Versammlung das notwendige Quorum für eine Beschlussfähigkeit nicht erreicht hatte, wurde für den 16.07.2021 eine zweite Gläubigerversammlung einberufen. Da an dieser ebenfalls lediglich 10,38% der Anleihe vertreten waren, konnten keine Beschlüsse über eine Vollmacht zur Änderung der Anleihebedingungen im Bereich der Zinsen und der Rückzahlung der Anleihe getroffen werden. Lediglich die allgemeine Einsetzung eines Gemeinsamen Vertreters war möglich. Die zweite Versammlung hat daraufhin einen Frankfurter Rechtsanwalt zum Gemeinsamen Vertreter eingesetzt, ohne ihm weitere Befugnisse einräumen zu können.

Im August 2021 leitete ETERNA das StaRUG-Verfahren ein. Der Restrukturierungsbeauftragte, ein Münchner Insolvenzspezialist, hat das Sanierungskonzept geprüft. Die Anleihegläubiger sollten auf 90% der Anleihe verzichten, und die Gesellschafter auf Gesellschafterdarlehen in Höhe von 36,2 Mio. Euro. Am 10.09.2021 hat eine Versammlung der Planbetroffenen die finale Regelung beschlossen, wonach die Anleihegläubiger 12,5% Quote erhalten. Ein Investmentunternehmen, das zu den Schuldscheingläubigern der Tochtergesellschaft gehört, bringt als neuer Mitgesellschafter der ETERNA Holding neues Kapital ein.

Für die Gesamtheit der Anleihegläubiger hat der Gemeinsame Vertreter die Zustimmung einheitlich erteilt (§ 19 Abs. 6 SchVG). Der Restrukturierungsplan ist insgesamt einstimmig angenommen worden.

Rechtliche Bewertung

In rechtlicher Hinsicht ist das Verfahren als Paradebeispiel einzustufen, das wesentliche Züge eines typischen StaRUG-Verfahrens aufweist:

Die Finanzierungssituation der betroffenen Gesellschaften hatte sich zugespitzt, sodass eine gewisse Insolvenzgefahr bestand. Drohende Zahlungsunfähigkeit lag vor. Die entsprechenden Verhandlungen mit den beiden Gläubigerkreisen liefen.

Die wesentlichen Problemkreise, das Schuldscheindarlehen und die Anleihe, konnten über einen Restrukturierungsplan miteinander verzahnt gelöst werden, ohne dass der operative Geschäftsbetrieb und die sonstigen Gläubiger des Unternehmens davon betroffen waren.

Zu bewältigen war ein komplexes Verfahren mit diversen Beteiligten, die eine ganze Armada von Anwälten und Sanierungsberatern beschäftigt haben. Insgesamt waren rund ein Duzend Beratungsteams mit dem Fall befasst:

- Finanzberaterin ETERNA

- Gesellschaft und Gesellschafter (Team Restrukturierung/Insolvenzrecht)

- Gesellschaft und Gesellschafter (Team Bankrecht/Steuerrecht)

- Gesellschaft und Gesellschafter (Team Kapitalmarktrecht)

- Beratung Management

- Beratung Schuldscheingläubiger

- Gemeinsamer Vertreter der Anleihegläubiger

- Vorbereitung und Gestaltung des StaRUG-Plans

- IDW S6-Gutachten

- Restrukturierungsbeauftragter

- Beratung neue Gesellschafterin (M&A)

Der Sanierungsvorgang hat sich sehr komplex dargestellt, und neben der eigentlichen Beratung gab es bei einer solchen Zahl von Beteiligten naturgemäß einen hohen Aufwand für Abstimmungen und Einigungen unter den diversen Beteiligten.

Wirtschaftliche Bewertung

Das Ziel, ETERNA zu sanieren, ist geglückt. Eine Insolvenz konnte vermieden werden. Dass am Ende des Restrukturierungsverfahrens ein saniertes Unternehmen fortbesteht, ist das erklärte Hauptziel des StaRUG, das im Falle ETERNA also auch erreicht worden ist.

Ob die wirtschaftlichen Parameter, auf die man sich am Ende mit dem Gemeinsamen Vertreter geeinigt hat, fair sind, wird bei solch komplexen Sachverhalten immer eine Wertungsfrage sein, die letztlich nie abschließend beurteilt werden kann. Den Anleihegläubigern wird einerseits ein recht hoher Schuldenschnitt abverlangt. Andererseits erhalten sie im Ergebnis eine für eine Insolvenzsituation und für nicht besicherte Gläubiger eher hohe Quote von immerhin noch 12,5%. Dass sich die Hoffnungen der Anleihegläubiger auf eine vollständige Rückführung der Anleihe Mitte 2024 zerschlagen haben, ist unerfreulich, gehört bei einer unbesicherten Mittelstandsanleihe aber zu dem eingepreisten Risiko als worst case - Szenario dazu.

Wie viele KMU sich ein solch komplexes Verfahren leisten können, bleibt abzuwarten. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen wird sicherlich eher eine Beratung aus einer Hand und gemeinsam mit dem ohnehin vorhandenen Steuerberater anzustreben sein.


04. Oktober 2021

Dr. Alfred Ponzer

Rechtsanwalt

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