- 04 August 2021|
- Dr. Alfred Ponzer
StaRUG: Sanierungsmoderation
Ein gerichtlich eingesetzter neutraler Sanierungsmoderator vermittelt zwischen dem Unternehmen und seinen Gläubigern bei der Herbeiführung einer Sanierungslösung.
Hintergrund
Ein allseits verbindlicher Restrukturierungsplan kommt nur wirksam zustande, wenn in allen betroffenen Gruppen eine Mehrheit von 75% der stimmberechtigten Gläubiger dem Plan zustimmen (§ 25 StaRUG). Gelingt es dem Unternehmen und seinen Beratern nicht, die entsprechenden Mehrheiten zu erreichen, ist zu entscheiden, ob sich über eine Mediation eine Einigung finden lässt. Das StaRUG enthält in den §§ 94 ff. gesonderte Vorschriften über einen gerichtlich bestellten Sanierungsmoderator. Vorbild hierfür waren positive Erfahrungen aus dem französischen Sanierungsrecht. Ob sich dieses im deutschen Insolvenz- und Sanierungsrecht bislang wenig bekannte Modell in der Praxis bewährt, bleibt abzuwarten.
Verfahren
Die gerichtliche Sanierungsmoderation läuft in folgenden Schritten ab:
Das Unternehmen stellt den Antrag auf Bestellung eines Moderators. Im Antrag ist die wirtschaftliche und finanzielle Situation darzustellen und zu versichern, dass das Unternehmen weder zahlungsunfähig, noch überschuldet ist (§ 94 Abs. 2 StaRUG). Die Vermögenssituation ist detailliert darzulegen; insbesondere sind alle Gläubiger und Schuldner des Unternehmens anzugeben (AG Düsseldorf vom 05.03.2021 – 601 SAN 1/21).
Das Gericht prüft lediglich, ob Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung offensichtlich vorliegen. Ansonsten bestellt es (nach Einzahlung eines Kostenvorschusses) eine geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Beteiligten unabhängige natürliche Person zum Sanierungsmoderator (§ 94 Abs. 1 StaRUG).
Die Bestellung wird nicht öffentlich bekannt gemacht (§ 95 Abs. 2 StaRUG). Sie erfolgt zunächst für einen Zeitraum von bis zu 3 Monaten (§ 95 StaRUG). Der Moderator sichtet die Bücher und Geschäftsunterlagen und holt erforderliche Auskünfte ein (§ 96 Abs. 2 StaRUG). Auf dieser Grundlage vermittelt er zwischen den Beteiligten bei der Herbeiführung einer Lösung zur Überwindung der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten. Ziel ist ein Kompromiss.
Der Sanierungsmoderator erstattet dem Gericht monatlich schriftlich Bericht über den Stand seiner Tätigkeit (§ 96 Abs. 3 StaRUG). Er zeigt dem Gericht eine ihm bekannt gewordene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung an ($ 96 Abs. 4 StaRUG).
Wird eine Einigung erzielt, kann der entsprechend angepasste Restrukturierungsplan ohne weitere gerichtliche Beteiligung zur Abstimmung gestellt und verbindlich beschlossen werden. Er wird auf Antrag durch das Restrukturierungsgericht bestätigt, es sei denn, er ist nicht schlüssig oder geht nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten aus oder hat keine vernünftige Aussicht auf Erfolg (§ 97 StaRUG). Mit der rechtskräftigen Bestätigung gelten etwaige Verfahrensfehler als geheilt (§ 67 Abs. 6 StaRUG).
Praxistipps
Eine Sanierungsmoderation kann, wenn die Verhandlungspositionen festgefahren sind, eine absolut sinnvolle Option darstellen. Der Unternehmer und seine Berater werden zwar in aller Regel versuchen, einen einigermaßen fairen Kompromiss vorzulegen, dem die Gläubiger auch sonst zustimmen können. Bleiben gleichwohl Diskussionspunkte, über die man sich nicht einigen kann, ist die Beiziehung eines fachkundigen, neutralen Spezialisten, der als Vermittler fungiert, zielführend.
Ein Mediator kann auch ohne gerichtliche Mitwirkung beigezogen werden. Betreffen die kontroversen Punkte nur einzelne Gläubiger, kann sich das Unternehmen mit diesem Kreis auf einen geeigneten Mediator einigen. Daneben besteht nunmehr die Möglichkeit, den Mediator durch das Restrukturierungsgericht einsetzen zu lassen. In diesem Falle läuft die Mediation nach den oben dargestellten Grundsätzen formalisiert ab.
Besteht bereits eine akute Insolvenzsituation, ist das Zeitfenster für eine Mediation problematisch. Möglicherweis kann die erste Hürde noch genommen werden, weil das Gericht keine offensichtliche Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung annimmt und den Moderator noch bestellt. Spätestens mit dessen erstem Bericht nach einem Monat Tätigkeit wird in der Praxis aber von ihm sicherlich erwartet, dass er sich ein Bild von der wirtschaftlichen Situation gemacht hat und zu den Insolvenzgründen detailliert Stellung nimmt.
Erreicht der Sanierungsmoderator eine Einigung, wird die gerichtliche Bestätigung in aller Regel zeitnah zu erreichen sein. Das Gericht hat das Konzept in diesem Falle nur noch auf offensichtliche Unstimmigkeiten zu prüfen, die es kaum je geben wird, wenn der fachkundige Moderator den Vergleich mitgestaltet hat und befürwortet.
Die Gretchen-Frage wird bei dieser Sanierungsoption oftmals sein, welchen Moderator das Gericht auswählt. Da das Gesetz seine Unabhängigkeit betont, ist durchaus denkbar, dass die Gerichte Vorschläge des Unternehmens nicht beachten. Soweit es um die Fachkunde geht, werden die Restrukturierungsgerichte in aller Regel auf den Kreis der etablierten Insolvenzverwalter zurückgreifen.
Dr. Alfred Ponzer
Rechtsanwalt
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