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StaRUG: Erste Praxiserfahrungen (1. Halbjahr 2021)

Im ersten Halbjahr 2021 gab es deutschlandweit ca. 10 StaRUG-Verfahren. Beispiele für erfolgreich abgeschlossene StaRUG-Verfahren:

(1) Amtsgericht Dresden (Beschluss vom 07.06.2021 - 547 RES 2/21)

In dem Verfahren beim Amtsgericht Dresden ist bei einem Unternehmen, das vor allem öffentliche Auftraggeber hatte und deswegen eine Insolvenz unbedingt vermeiden musste, ein Schuldenschnitt gegen den Widerstand eines einzelnen Gläubigers durchgesetzt worden. Ein größerer Gläubiger wollte einen Schuldenschnitt von 50% bei seiner Forderung nicht akzeptieren. Zuerst hat man ein gerichtliches Mediationsverfahren versucht, das aber zu keiner Einigung geführt hat. Das anschließende Restrukturierungsverfahren hatte Erfolg. Für den opponierenden Gläubiger ist eine gesonderte Gruppe gebildet und der Restrukturierungsplan vom Amtsgericht trotz seiner Nein-Stimme bestätigt worden.

Eine Schlechterstellung liege durch den Plan nicht vor. Da es für das Unternehmen keine Kaufinteressenten gab, wurde vergleichsweise eine Liquidation der Firma durchgerechnet, die zu einer wesentlich geringeren Quote für die Gläubiger geführt hätte.

Dass ein Gläubiger, für den ebenfalls eine gesonderte Gruppe gebildet wurde, zwar über 66% Quote auf seine Forderung erhalten sollte, diese Quote aber ratenweise über fast 20 Jahre zu zahlen war, bedeutete ebenfalls keine Schlechterstellung.

Dass die Firma von den Inhabern fortgeführt werden konnte, stellte nach Auffassung des Gerichts keine Zuwendung eines wirtschaftlichen Werts an den Schuldner dar. Dies komme nur in Betracht, wenn auch ein Dritter bereit gewesen wäre, das Unternehmen fortzuführen.

Die gerichtliche Bestätigung erfolgte außerdem, nachdem die Geschäftsführung dem Gericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit offengelegt hatte. Das Gericht hat von einer Aufhebung des Verfahrens nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 StaRUG abgesehen, weil der Abbruch nach dem Stand der Verhandlungen nicht dem Interesse der Gläubiger entsprach und die fällige Forderung den Regelungen des Restrukturierungsplans unterworfen werden sollte. In einem solchen Falle sei, damit diese Regelung nicht leerlaufe, das Bestätigungsverfahren fortzuführen und die Bestätigung (bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen) zu erteilen.

Der Planbetroffene, der mit dem Schuldenschnitt nicht einverstanden war, hat einen Antrag auf Versagung der Bestätigung gestellt (§ 64 StaRUG). Den Antrag hat das Gericht mit einem gesonderten Beschluss zurückgewiesen, da eine Schlechterstellung nicht vorlag und außerdem der Restrukturierungsplan vorsorglich noch eine Minderheitenschutzklausel mit einer Rückstellung von 50.000,00 € enthalten hat. Ob eine Schlechterstellung des Gläubigers vorlag, sei deshalb außerhalb des Restrukturierungsverfahrens zu klären (§ 64 Abs. 3 StaRUG). Das StaRUG-Verfahren ist danach letztlich also mit einem rechtskräftigen Restrukturierungsplan, den das Restrukturierungsgericht bestätigt hat, zu einem erfolgreichen Abschluss gekommen.

(2) MGG GmbH & Co. KG Waiblingen

Die in Baden-Württemberg ansässige Firma war ursprünglich eine Besitzgesellschaft, die den Unternehmenssitz an ein Tochterunternehmen verpachtet hatte. Die Tochtergesellschaft, die 100 Mitarbeiter hatte und in der Automobilindustrie tätig war, ist Corona-bedingt in Insolvenz gefallen. Der Insolvenzverwalter hat einen Käufer für den Geschäftsbetrieb gefunden. Parallel hierzu ist in einem StaRUG-Verfahren der Käuferseite auch das Eigentum an den Betriebsgrundstücken verschafft worden. Es handelte sich also um eine „Hybrid-Gestaltung“, bei der das StaRUG-Verfahren - neben einem asset deal im Insolvenzverfahren - Bestandteil eines Gesamtkonzeptes zur Sanierung eines Unternehmens gewesen ist.

(3) Hamburger Logistik-Unternehmen

Bei einem Hamburger Logistik-Unternehmen, das sich in einer Krise befand, gab es zwischen den Gesellschaftern Meinungsunterschiede über das Sanierungskonzept. Die Gesellschaft war bilanziell erheblich überschuldet, sodass ohne entsprechende Zugeständnisse der Gesellschafter (fresh money, Forderungsverzicht oder Rangrücktritt) die Prüfung des letzten Jahresabschlusses zu einem negativen Vermerk geführt hätte.

Daraufhin ist ein StaRUG-Verfahren durchgeführt worden. Der Restrukturierungsplan hat eine Kombination aus einem Verzicht (bei Gesellschafterdarlehen und Forderungen verbundener Unternehmen) mit einer Kapitalerhöhung vorgesehen. Zwei von drei Gruppen haben dem Plan zugestimmt. Dass in der dritten Gruppe, in der sich die opponierende Gesellschafterseite befand, die erforderliche Zustimmung nicht erreicht wurde, war letztlich irrelevant, weil das Restrukturierungsgericht den Restrukturierungsplan gerichtlich bestätigt hat (Amtsgericht Hamburg Az. 61 a RES 1/21).

Dieses Beispiel aus der Praxis zeigt, dass das StaRUG-Verfahren besonders geeignet ist, die Passivseite der Bilanz zu gestalten und entsprechende Sanierungsmaßnahmen auch gegen den Widersand einzelner Gesellschafter erfolgreich umsetzen zu können.


22. Juli 2021

Dr. Alfred Ponzer

Rechtsanwalt

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