Sanierungsvereinbarung-Konsortialkreditvertrag

StaRUG: Änderung von Kreditverträgen

Ein Konsortialkreditvertrag und eine Sanierungsvereinbarung können durch einen Restrukturierungsplan umfassend geändert werden.

Amtsgericht Köln, Beschluss vom 03.03.2021 – 83 RES 1/21

Sachverhalt

Das betroffene Unternehmen befand sich bereits in einem Sanierungsprozess. Hauptkreditgeber war ein Bankenkonsortium. Die dortigen Darlehen liefen noch bis zum 31.12.2021. Eine Konsortialbank war mit dem Sanierungskurs, zu dem die Veräußerung einer dem Unternehmen gehörenden „Tochter-Gruppe“ gehörte, nicht einverstanden. Die mit den Banken bestehenden Vereinbarungen (ein Konsortialvertrag und eine Sanierungsvereinbarung) sollten deshalb in einem Restrukturierungsplan geändert werden. Kernstück war ein „Optionsrecht“ der beteiligten Konsortialbanken, sich an einer neuen Finanzierung zu beteiligen („fresh money“), wofür sie neue Sicherheiten am Vermögen einer nach dem Restrukturierungsplan zu erwerbenden „Zielgesellschaft“ erhalten sollten. Die neue Finanzierung sollte erstrangig abgesichert werden. Die bereits bestehenden Darlehen sollten lediglich nachrangig abgesichert werden; dies betrifft Banken, die nicht optieren. Im Restrukturierungsplan wurde argumentiert, das Unternehmen sei drohend zahlungsunfähig, weil selbst bei einer nochmaligen Verlängerung der Darlehen um ein Jahr (bis zum 31.12.2022) diese Darlehen in dem 2-jährigen Prognosezeitraum des § 18 Abs. 2 InsO voraussichtlich zur Zahlung fällig würden.

Aus den Gründen

Das AG Köln hat den Plan im Rahmen einer gerichtlichen Vorprüfung wie folgt bewertet:

  • Für die drohende Zahlungsunfähigkeit hat die allgemein gehaltene Aussage der beteiligten Konsortialbanken, man werde die Darlehen „nicht ewig verlängern“, dem Gericht nicht ausreicht.
  • Die isolierte Behandlung nur der beiden Rechtsverhältnisse zu den Konsortialbanken sei nach dem StaRUG ohne weiteres zulässig. Eine Einbeziehung sonstiger Gläubiger oder auch der Gesellschafter sei nicht zwingend.
  • In einem solchen Falle sei eine einzige Gruppe der Planbetroffenen zu bilden, die aus sämtlichen beteiligten Konsortialbanken besteht.
  • Inhaltlich finde lediglich eine Schlüssigkeitsprüfung statt. Ob die vorgeschlagene Regelung für die Sanierung zwingend erforderlich ist, habe das Gericht wie beim Insolvenzplan nicht zu prüfen.
  • Die Argumentation im Restrukturierungsplan, der Unternehmenswert der Gesellschaft werde sich durch die Akquisition einer Zielgesellschaft erhöhen, ist vom Gericht als schlüssig akzeptiert worden.
  • Das Gericht hat auch nicht beanstandet, dass die opponierende Konsortialbank bei der Vorbereitung des Verfahrens vom Informationsfluss abgeschnitten gewesen sei, weil für sie im gerichtlichen Verfahren noch genug Gelegenheit bestehe, ihre individuellen Rechte geltend zu machen.
  • Die Vergleichsrechnung hat das Gericht beanstandet, weil der Plan nur die beiden Alternativen verglichen hat, das Unternehmen mit oder ohne Akquise einer Zielgesellschaft fortzuführen, in beiden Fällen aber das Tochterunternehmen zu veräußern. Das Gericht forderte hier einen zusätzlichen Vergleich mit der Alternative ohne Verkaufsund Verwertungsprozess für die Tochter-Gruppe.

Praxistipps

Für die Praxis ist aus der ersichtlich ersten veröffentlichten Entscheidung zu entnehmen:

Es dürfte sich um einen typischen StaRUG-Fall handeln. Es geht um ein spezielles Problem im Bereich von mehrseitigen Vertragsverhältnissen und darum, einen opponierenden Beteiligten einzufangen, an dessen Veto der beabsichtigte Sanierungsweg ansonsten zu scheitern droht. Für eine auch gegenüber diesen Beteiligten verbindliche Neugestaltung komplexer Vertragsverhältnisse sind die Mechanismen des StaRUG besonders geeignet.

Mit einem typischen Insolvenzverfahren hat ein solches StaRUG-Verfahren wenig gemein. Es gibt keinen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger, keine Verwertung des vorhandenen Vermögens und keine Verteilung an die Gläubiger.

Die drohende Zahlungsunfähigkeit als Zugangsvoraussetzung zu dem Verfahren bereitet angesichts der langen Prognosedauer in tatsächlicher Hinsicht Probleme. Dem Gericht muss eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50% für den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit dargelegt und glaubhaft gemacht werden. Andererseits darf aktuell keine Überschuldung vorliegen.

In wirtschaftlicher Hinsicht hat das AG Köln nur eine eigene Schlüssigkeitsprüfung vorgenommen. Ein Restrukturierungsbeauftragter wurde hierzu nicht bestellt. Ob andere Gerichte bei der inhaltlichen Prüfung des Sanierungskonzepts ähnlich zurückhaltend agieren, bleibt abzuwarten.


08. Juni 2021

Dr. Alfred Ponzer

Rechtsanwalt

Haben Sie noch Fragen zum Thema Unternehmenssanierung?

Wir helfen Ihnen gerne weiter.

Weitere Beiträge zum Thema Restrukturierungsgesetz