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StaRUG: Zustimmung des Finanzamts zum Restrukturierungsplan?

Zu den Gläubigern, die an einem StaRUG-Verfahren beteiligt sein können, gehört natürlich auch das Finanzamt. Fraglich ist, unter welchen Voraussetzungen die Finanzbehörden einem Restrukturierungsplan zustimmen.

Hintergrund

Steuerverbindlichkeiten können Gegenstand der Plangestaltung sein. Für unbesicherte Forderungen wird insbesondere eine Stundung und ein teilweiser Verzicht eine Sanierungsoption darstellen. Auch bei besicherten Steuerschulden kommt eine Gestaltung der Absonderungsanwaltschaft grundsätzlich in Betracht (§ 4 Abs. 1 StaRUG).

Für Steuerschulden wird im Plan entweder eine gesonderte eigene Gruppe gebildet, oder bei Regelungen im Akkord mit sonstigen Gläubigern wie einem Schuldenschnitt das Finanzamt einer entsprechenden Gruppe zugeordnet werden, wenn wirtschaftlich vergleichbare Positionen vorliegen (vgl. § 9 Abs. 2 StaRUG).

Anders als bei anderen Gläubigern gibt es bei Steuerschulden das Nebeneinander des StaRUG-Verfahrens und des Besteuerungsverfahrens nach der Abgabenordnung. Die Frage, ob die Finanzbehörde einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan zustimmen kann, ist grundsätzlich nach den gesetzlichen Bestimmungen der AO über die abweichende Festsetzung (§ 163 AO), die Stundung (§ 222 AO), den Vollstreckungsaufschub (§ 258 AO) sowie den Erlass (§ 227 AO) zu beurteilen. Für den Einigungsversuch nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO (Verbraucher und vormals Selbstständige) ist dies dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27.01.2021 direkt zu entnehmen. Auch für die Zustimmung zu einem Restrukturierungsplan im StaRUG-Verfahren werden diese Grundsätze anzuwenden sein.

Die außergerichtliche Schuldenbereinigung erfolgt somit zwar im Wege von frei gestalteten Verhandlungen auf der Grundlage eines vorzulegenden Planes. Über die Zustimmung entscheiden die Finanzbehörden aber im Rahmen gesetzlicher Vorgaben. Es besteht ein Ermessen, in welches lediglich die zusätzliche Zielsetzung einzubeziehen ist, redlichen Schuldnern einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen.

Der besonderen Sanierungssituation ist also Rechnung zu tragen, soweit es um die Frage geht, ob der Schuldner bei Steuerschulden erlassbedürftig und erlasswürdig ist:

Bei der Erlassbedürftigkeit ist ein maßgeblicher Aspekt, ob die angebotenen Zahlungen in Anbetracht der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen sind und dem Schuldner ein wirtschaftlicher Neuanfang ermöglicht wird. Zu bedenken ist insbesondere auch, dass in der Vergangenheit andere einzelne Gläubiger nicht ungerechtfertigt bevorzugt wurden.

Bei der Erlasswürdigkeit geht es um eine Beurteilung der Planlösung in einer Zusammenschau mit den Ursachen der Krise und der Person des Schuldners. Ernsthafte Bemühungen um eine bestmögliche Befriedigung der Verbindlichkeiten spielen eine wichtige Rolle. Bei Einzelunternehmen wird außerdem grundsätzlich keine Erlasswürdigkeit vorliegen, wenn in den letzten 11 Jahren bereits eine Restschuldbefreiung nach der Insolvenzordnung erteilt oder diese in den letzten drei bzw. fünf Jahren versagt worden ist. Auch Insolvenzstraftaten und vergleichbar rechtwidriges Verhalten stehen einer Erlasswürdigkeit entgegen.

Praxistipps

Sind Steuerschulden vorhanden, sollte genau geprüft werden, wie sich das bisherige Verhältnis zu den Finanzbehörden darstellt. Sieht der Plan Regelungen für sämtliche Gläubiger vor (Gläubiger-Akkord), wird eher eine Zustimmung der Finanzbehörden zu erlangen sein, als bei „Insellösungen“ für einzelne Rechtsverhältnisse.

Das enge Zeitfenster eines StaRUG-Verfahrens trifft auf die Regelungen der Abgabenordnung, die bei den Finanzbehörden greifen. Es sollte bedacht werden, dass dort schnelle Entscheidungen eher nicht zu erwarten sind.

Einige Fragestellungen, die sich im StaRUG-Verfahren ergeben, sind nicht höchstrichterlich geklärt. Das Finanzamt wird bei seiner Entscheidung über eine Zustimmung zu einem Restrukturierungsplan die Grundsätze der Abgabenordnung beachten. Ob das Restrukturierungsgericht bei seiner Entscheidung über eine Ersetzung der Zustimmung der Finanzbehörden dem gegenüber alleine nach den Regelungen des StaRUG entscheidet, bleibt in der Praxis abzuwarten.

Bei Einzelkaufleuten wird außerdem eine wichtige Rolle spielen, ob Steuerverbindlichkeiten im Bereich der Einkommenssteuer den unternehmensbezogenen Steuern zugeordnet werden und deshalb eine Gestaltung nach dem StaRUG möglich ist, oder ob sie als private Steuern eingeordnet werden und damit einer solchen Gestaltung nicht unterfallen. Ob bei einem Einzelunternehmer ohne sonstige Einkünfte ein Zusammenhang der Einkommenssteuer mit seiner unternehmerischen Tätigkeit gemäß § 4 Satz 2 StaRUG bejaht wird, bleibt in der Praxis abzuwarten. Nur unternehmensbezogene Verbindlichkeiten können im Restrukturierungsplan gestaltet werden.


28. Oktober 2021

Dr. Alfred Ponzer

Rechtsanwalt

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