StaRUG - "Squeeze out" als Rechtsmissbrauch?

Im Bereich des StaRUG ist zuletzt vor allem Kritik an Fallgestaltungen laut geworden, in denen das spezielle Sanierungsverfahren in der Praxis erfolgreich eingesetzt wurde, um bei Aktiengesellschaften die Struktur der Aktionäre mit einem sogenannten squeeze out zu verändern und neu auf die Sanierungslösung zuzuschneiden. Davon betroffene Anleger haben im Ergebnis unfaire Lösungen zu ihren Lasten beklagt.

In der Öffentlichkeit haben dabei mehrere Fälle eine Rolle gespielt, in denen bei Aktiengesellschaften eine Restrukturierung auf der Ebene der Aktionäre stattgefunden hat (Softline AG, Leonie AG, Varta AG). Das Modell einer Kapitalherabsetzung in Kombination mit einer sofortigen neuerlichen Kapitalerhöhung und der Übernahme der neuen Aktien durch einen Investor bzw. neue (manchmal auch zuvor bereits investierte) Aktionäre (der sogenannte Squeeze Out) kann im StaRUG-Verfahren bei Vorliegen entsprechender Mehrheiten verbindlich umgesetzt werden. Die zuständigen Restrukturierungsgerichte haben den Restrukturierungsplan jeweils bestätigt.

Erhebliche Kritik ist laut geworden an den Bedingungen für die benachteiligten Alt-Aktionäre. Bei der Varta AG hat die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger als Anlegerschützerin Verfassungsbeschwerde gegen die Bestätigung des Restrukturierungsplans eingelegt. Diesen bewertet die SdK als „treuwidrig und aktionärsfeindlich“, und der Fall veranschauliche die Missbrauchsmöglichkeiten des StaRUG.

Sanierungslösungen, bei denen sich die Restrukturierung ausschließlich auf Gesellschafterebene vollzieht und es nur oder jedenfalls vor allem darum geht, die Aktiengesellschaft mit einem neuen Investor und ausgewählten Aktionären fortführen zu können, sind zweischneidig und bei unfairen Bedingungen höchst bedenklich. Das StaRUG ist als ein Verfahren zu Vermeidung einer drohenden Insolvenz konzipiert und nicht, um isoliert die Inhaberstrukturen einer Gesellschaft nach eigenem Gutdünken neu zu gestalten, mögen entsprechende Maßnahmen für sich gesehen auch grundsätzlich zu den verfügbaren Tools einer StaRUG-Sanierung gehören.

Vor rund 10 Jahren wurde bereits im Fall des Suhrkamp-Verlages heiß diskutiert, ob ein Insolvenzplan zulässig und sogar notwendig sein kann, um eine existenzgefährdende Blockadesituation zwischen den Gesellschaftern aufzulösen. Eine damalige Bewertung in der juristischen Literatur, wonach sich jeder Sanierer durch das erfolgreiche Planverfahren ermutigt fühlen müsse, der „strategische Insolvenzen“ zur planvollen Erreichung eines wirtschaftlichen Ziels in den Grenzen des Rechtsmissbrauchs andenkt (vgl. Bähr, EWiR 2015, 49), wird auch für das StaRUG heute noch zutreffen.

Zu planvollen fairen Bedingungen wird es freilich gehören, im Restrukturierungsplan auch einen wirtschaftlichen Ausgleich für ausscheidende oder zurückgestufte Gesellschafter und Aktionäre an dem Wert vorzusehen, der durch ihr Weichen für die Sanierung geschaffen wird - und nicht ausschließlich an andere Beteiligte fallen darf.


29. Januar 2025

Dr. Alfred Ponzer

Rechtsanwalt

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