
- 05 Mai 2021|
- Dr. Alfred Ponzer
StaRUG: Beraterhaftung bei Jahresabschlüssen
Bei der Erstellung eines Jahresabschlusses ist auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes und die sich daran anknüpfenden Pflichten der Geschäftsleiter und Mitglieder der Überwachungsorgane hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist (§ 102 StaRUG).
Hintergrund
Seit dem 01.01.2021 gilt mit dem neuen § 102 StaRUG eine gesonderte gesetzliche Regelung für Beraterpflichten im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses. Die Hinweis- und Warnpflichten gelten gleichermaßen für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte.
Mit der Regelung ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH vom 26.01.2017 IX ZR 285/14 und vom 06.06.2013 – IX ZR 204/12) jetzt Gesetz geworden.
Die Hinweis- und Warnpflicht setzt ein, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind. Der Klassiker ist hierfür eine deutliche rechnerische Überschuldung. Kommen weitere Indizien und Kenntnisse etwa aus der sonstigen Betreuung des Mandanten hinzu, so verdichtet sich die Verpflichtung zu einem Hinweis.
Außerdem muss für den Berater Grund zu der Annahme bestehen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist. In aller Regel wird es hier nicht um die Kenntnis von einzelnen Fakten gehen, sondern um die zutreffende und ungeschönte Bewertung und Einordnung der wesentlichen Faktoren der bestehenden wirtschaftlichen Situation in die strengen gesetzlichen Regelungen zur Insolvenzantragspflicht.
Praxistipp
Den Beratern kann nur empfohlen werden, einen ausführlichen und eindeutigen Hinweis auf bestehende Bedenken und die zugrunde liegenden Umstände zu erteilen und diesen zu dokumentieren. Eine Bilanzierung zu Fortführungswerten darf bei Zweifeln nur erfolgen, wenn es nachweislich einen entsprechenden Hinweis gab und der Mandant gleichwohl ausdrücklich die Weisung zur Bilanzierung nach Fortführungswerten erteilt hat.
Eine jede Rücksichtnahme auf Befindlichkeiten des Mandanten ist an dieser Stelle haftungsträchtig. Bei einer späteren Bewertung der Problematik ist (leider) damit zu rechnen, dass die Verantwortung für die Erstellung des Abschlusses und dafür, dass kein Insolvenzantrag gestellt wurde, nur selten von der Geschäftsleitung übernommen wird, und deshalb zumindest eine Mithaftung des Beraters für den Schaden der Gläubigergemeinschaft verbleibt (§ 254 BGB). Durch spätere Schmälerungen des haftenden Vermögens kann die Masse in erheblichem Umfange verkürzt worden sein.
Dr. Alfred Ponzer
Rechtsanwalt
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