- 07 Februar 2023|
- Dr. Alfred Ponzer
StaRUG: Beraterhaftung bei Jahresabschlüssen
Bei der Erstellung eines Jahresabschlusses ist auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes und die sich daran anknüpfenden Pflichten der Geschäftsleiter und Mitglieder der Überwachungsorgane hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist (§ 102 StaRUG).
Hintergrund
Seit dem 01.01.2021 gilt mit dem neuen § 102 StaRUG eine gesonderte gesetzliche Regelung für Beraterpflichten im Zusammenhang mit der Aufstellung des Jahresabschlusses. Die Hinweis- und Warnpflichten gelten gleichermaßen für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte.
Mit der Regelung ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH vom 26.01.2017 IX ZR 285/14 und vom 06.06.2013 – IX ZR 204/12) jetzt Gesetz geworden.
Die Hinweis- und Warnpflicht setzt ein, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind. Der Klassiker ist hierfür eine deutliche rechnerische Überschuldung. Kommen weitere Indizien und Kenntnisse etwa aus der sonstigen Betreuung des Mandanten hinzu, so verdichtet sich die Verpflichtung zu einem Hinweis.
Außerdem muss für den Berater Grund zu der Annahme bestehen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist. In aller Regel wird es hier nicht um die Kenntnis von einzelnen Fakten gehen, sondern um die zutreffende und ungeschönte Bewertung und Einordnung der wesentlichen Faktoren der bestehenden wirtschaftlichen Situation in die strengen gesetzlichen Regelungen zur Insolvenzantragspflicht.
Praxistipp
Den steuerlichen Beratern kann nur empfohlen werden, bei Anzeichen für eine Krise einen ausführlichen und eindeutigen Hinweis auf bestehende Bedenken und die zugrunde liegenden Umstände zu erteilen und diesen zu dokumentieren. Formularmäßige Bestätigungen werden als AGB im Hinblick auf §§ 307, 309 BGB stets problematisch sein.
Auch Kenntnisse aus der laufenden steuerlichen Betreuung der Buchhaltung sind dabei relevant. Eine Bilanzierung zu Fortführungswerten darf bei Zweifeln nur erfolgen, wenn es nachweislich einen entsprechenden Hinweis gab und der Mandant entweder eine gesonderte positive Fortführungsprognose eines Spezialisten beigebracht oder ausdrücklich die Weisung zur Bilanzierung nach Fortführungswerten erteilt hat, was im Abschluss ausdrücklich festzuhalten ist.
Die Rücksichtnahme auf das Mandatsverhältnis ist gegenüber dem Haftungsrisiko als Berater abzuwägen. Der Inhalt der Hinweise und die Form der Dokumentation sollten individuell dem Mandanten und der jeweiligen Situation angepasst werden.
Bei einer späteren Bewertung der Problematik in einem Insolvenzverfahren wird einkalkuliert werden müssen, dass die Verantwortung dafür, dass kein Insolvenzantrag gestellt wurde, nur selten von der Geschäftsleitung übernommen wird. Ferner wird das besondere Augenmerk der Insolvenzverwaltung auf der Haftung nach § 102 StaRUG liegen. Es verbleibt das veritable Risiko zumindest einer Mithaftung des Beraters (neben der Geschäftsführung, § 254 BGB) für einen jeden Schaden der Gläubigergemeinschaft.
Durch spätere Schmälerungen des haftenden Vermögens kann die Insolvenzmasse in erheblichem Umfange verkürzt worden sein. Gegenüber der Geschäftsführung kommt eine Haftung für verbotene Zahlungen (früher § 64 GmbHG, jetzt § 15b InsO) in Betracht.
Dr. Alfred Ponzer
Rechtsanwalt
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